Furies: Ich arbeite für sie - Review der Pilotfolge der französischen Actionserie bei Netflix (2024)

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Von: Reinhard Prahl

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Furies: Ich arbeite für sie - Review der Pilotfolge der französischen Actionserie bei Netflix (1)

Die französische Actionserie „Furies“ will mit einer taffen, jungen Antiheldin punkten, die den Tod ihres Vaters rächen möchte und sich dabei durch die Pariser Unterwelt prügelt. Warum diese Prämisse allerdings unglaubwürdig albern ist, verraten wir Euch in unserem Review zur Pilotfolge.

Spoilerwarnung - diese Meldung kann Hinweise auf die Fortführung der Handlung enthalten!

Das passiert in der Serie „Furies“

Lyna (Lina El Arabi) ist in Furies eine ganz normale junge Frau, die aber alles andere als normale Eltern hat. Ihr Vater ist der Buchhalter der Pariser Unterwelt und wäscht für die Verbrecherbosse Millionen. Eines Tages hat das gute Leben der kleinen Familie aber ein Ende, als er ausgerechnet an Lynas Geburtstag erschossen wird und sie sich als angebliche Komplizin ihres Vaters im Gefängnis wiederfindet.

Fünf Monate später ist aus Lyna eine harte Kämpferin geworden, die nur ein Ziel hat: die Syndikatsauftragskillerin La Furie (Marina Foïs) zur Strecke zu bringen. Doch bald stellt sich heraus, dass diese gar nicht für den Mord verantwortlich ist, sondern ein konkurrierender Gangster ein schmutziges Spiel treibt. Die Furie findet Gefallen an Lynas Durchhaltevermögen und ihrer Fähigkeit, einzustecken und macht sie zu ihrer Mitarbeiterin, um den abtrünnigen Mafiosi zur Strecke zu bringen.

Von allem zu viel

Furies: Ich arbeite für sie - Review der Pilotfolge der französischen Actionserie bei Netflix (2)

„Furies“ gehört zu den Serien, die auf harte Action setzen und sich dabei gnadenlos verzetteln. Das liegt in erster Linie an der vollkommen unglaubwürdigen Prämisse, die uns die Serienerfinder Jean-Yves Arnaud und Yoann Legave präsentieren. Man stelle sich dies einmal vor. Eine ganz normale junge Frau hat einen Mafia-Buchhalter zum Vater, von dessen Geschäften sie sich fernhält. Als dieser brutal erschossen wird, landet sie wegen einer übereifrigen und leider auch nervigen Polizistin im Gefängnis und wird dort innerhalb von fünf Monaten zur Kampfmaschine. Der Clou an der Sache ist, dass sie ihr Wissen überwiegend aus einem Buch für Selbstverteidigung bezieht.

Klingt reichlich überzogen, finden Sie? Dann sind Sie nicht allein mit diesem Gefühl. Allerdings belässt es das Drehbuch nicht dabei, denn Lyna haut nicht nur die stärksten Frauen und Männer um. Sie springt von einer Brücke auf einen fahrenden Müllwagen, der in Wirklichkeit ein Geldtransporter ist, zerschlägt die Windschutzscheibe, um den Fahrer aus den Wagen zu ziehen, verprügelt den mitfahrenden Bodyguard und entkommt dann auch noch fast unverletzt, obwohl sie nur Minuten zuvor ziemlich alt gegen die beiden Verbrecher aussah.

Zudem kann sie wie aus heiterem Himmel Schlösser knacken (so was lernt man schließlich in jedem gepflegten Knast), kann mit Schusswaffen umgehen und hat noch einige Tricks mehr auf Lager. Wer hier an eine typische Mary-Sue-Figur im schlechtesten Sinne denkt, liegt leider goldrichtig, denn Lyna sieht zu allem Überfluss auch noch toll aus und liebt ihren Freund (einen Polizisten, sic!), mit dem sie ein neues Leben beginnen möchte, wenn sie sich denn erst gerächt hat.

Das ist nun wahrlich zu viel des Guten, mit anderen Worten: So eine Prämisse kann man beim besten Willen einfach nicht schlucken. Immerhin scheint sich „Furies“ aber auch nicht bitter ernst zu nehmen. Immer wieder blitzen nette kleine Gags auf, die aber zu stark in den Hintergrund rücken, weil sie die Hauptfigur meistens nur am Rande betreffen. Man wird daher das Gefühl nicht ganz los, dass die Serienmacher sich ihrer überzogenen Heldin zwar bewusst waren, sich aber nicht trauten, das Ganze komödiantisch auf die Spitze zu treiben. Gelegenheiten hätte es ob der handwerklich routinierten Actioneinlagen durchaus gegeben, sei es durch gezielte Slapstickeinlagen oder witzige Dialoge, die beispielsweise besagte Müllwagenszene enorm entspannt hätte.

Das Anfängerproblem

Furies: Ich arbeite für sie - Review der Pilotfolge der französischen Actionserie bei Netflix (3)

Leider krankt „Furies“ aber auch an anderen Dingen, so zum Beispiel an der Unerfahrenheit der Hauptdarstellerin Lina El Arabi. Dies ist erst die vierte Produktion der Jungmimin, eine Tatsache, die leider viel zu oft zum Tragen kommt. El Arabi ist zweifelsfrei körperlich fit und meistert daher die Actionszenen problemlos. Wenn es aber an die Feinheiten geht, offenbaren sich gravierende Lücken im Umgang mit Gestik und Mimik, die die Glaubwürdigkeit der Figur weiter herabsetzen und auf die Spaßbremse drücken. Nicht falsch verstehen bitte: Die Pilotfolge der achteiligen Miniserie hat durchaus ihre guten Seiten, vor allem in Form der La-Furie-Darstellerin Marina Foïs, die für einige coole Szenen sorgt.

Auch inszenatorisch gehen vor allem die Actionsequenzen absolut in Ordnung und glänzen durch eine routinierte Kameraführung sowie rasante Schnitte. Doch selbst zusammengenommen ist das noch zu wenig, um einen nachhaltigen Eindruck zu hinterlassen, zumal die Story an sich einen retortenartigen Touch nicht verleugnen kann. Wer erinnert sich schließlich nicht an irgendeine Serie oder einen Film, wo sich ein ausgebuffter Verbrecher eine talentierte Nachfolgerin oder einen Nachfolger heranzieht? Viel mehr Story ist bisher jedenfalls nicht erkennbar, auch wenn die ersten Zusammentreffen zwischen den beiden weiblichen Hauptfiguren auf der unterhaltsamen Ebene sicherlich das Highlight der Folge darstellt.

Aber selbst hier findet nichts statt, was man nicht auf die ein oder andere Art schon pfiffiger gesehen hat. Ob die Geschichte nach hinten raus noch aufholt und sich in Sachen Humor mehr traut, um die absurde Hauptfigur komödiantisch zu unterfüttern, lässt sich nach Sichtung der Pilotfolge noch nicht festlegen. Sinnvoll wäre es ja, es bleibt jedoch zu befürchten, dass „Furies“ weiterhin weder Fisch noch Fleisch ist und sich nicht entscheiden kann, wie ernst sich die Show nun eigentlich nehmen will.

Fazit

Es mag ja gut möglich sein, dass ein jüngeres Publikum absolut begeistert von Lynas Fähigkeiten ist, doch man muss schon bereit sein, gleich einen ganzen See voller Kröten zu schlucken, um die Figur zu mögen. Die Protagonistin kämpft wie ein Straßenschläger, schlägt zu wie ein Dampfhammer, knackt Schlösser und schießt wahrscheinlich wie eine junge Göttin. Dazu sieht sie toll aus, hat makelloses schwarzes Haar, eine sportliche Figur und glaubt offenbar an die große Liebe. Was will man eigentlich mehr?

Nun, eine nachvollziehbare Figur mit ein paar Ecken und Kanten, oder zumindest eine, über die man herzhaft lachen kann, wäre ein guter Anfang. So wie sich die Pilotfolge präsentiert, bleibt einem leider nur, den Kopf darüber zu schütteln, wie man im Jahr 2024 eine solche Superheldin ins Rennen schicken kann. Immerhin: Action können das Autoren-Duo Jean-Yves Arnaud und Yoann Legave mit Regisseur Cedric Nicolas-Troyan. Insofern kann man „Furies“ zumindest solchen Zuschauenden ans Herz legen, die gerne das Hirn ausschalten und sich den entsprechenden hübsch rasanten Szenen einfach hingegen wollen.

Zweieinhalb von fünf Punkten.

Hier abschließend noch ein Originaltrailer zur Serie „Furies“, die nun auf dem Streamingdienst Netflix angelaufen ist:

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